Meine kurze Geschichte des Zeitmanagements

Meine kurze Geschichte des Zeitmanagements

Die 1980er

Meine Beschäftigung mit dem Zeitmanagement beginnt in den 1980er-Jahren des vorigen Jahrtausends. Es war zu meiner Studienzeit.
In den 80er-Jahren ging es um Rationalisierung, um höheres Tempo. Das persönliche Zeitmanagement kam in Mode, auch wenn viele der dabei verwendeten Methoden (Projektmanagement, Prioritäten, Einteilung von Aufgaben nach der Eisenhower-Matrix) schon wesentlich länger bekannt waren.
Anfang der 1980er schrieb Lothar Seiwert seine ersten Bestseller zum Thema Zeitmanagement, zum Beispiel den Klassiker: „Mehr Zeit für das Wesentliche“. Damals ging es um pure Effizienz und um die Frage: Wie erledigt man möglichst viele Aufgaben in möglichst kurzer Zeit?
Die dafür notwendige Fähigkeit ist die Effizienz: die Dinge richtig zu tun. Und so gab es im Zeitmanagement der 80er Tages-, Wochen- und Monatspläne, dazu genaue Prioritätenlisten. Das alles wurde am besten – dem Trend der Zeit folgend – in einen ledernen Organiser gepackt (es gab noch kein iPhone), der sehr schnell auch zum Statussymbol wurde.
Eine der Persönlichkeits-Einteilungen, die aus dieser Zeit stammen, ist die Einteilung in monochrone und polychrone Persönlichkeiten: Während monochrone Menschen genau planen und dann eines nach dem anderen erledigen können, ohne sich ablenken zu lassen, sind die polychronen Typen spontaner, lassen sich leicht ablenken, und ändern ihre Pläne laufend (siehe dazu Edward T. Hall, 1983: The Dance of Life: The Other Dimension of Time).
Der optimale Typ für die 80er-Jahre war monochron. Mir ist es damals mit Zeitmanagement nicht wirklich gut gegangen, ich bin ein eher polychroner Typ. Und ich entdeckte Griechenland als ideale Urlaubsdestination. Die Griechen sind so wie ich eher polychron und mir deshalb sehr sympathisch.

Die 1990er

Wenig später, in den 90ern, erkannte man dann bereits, dass das mit dem Effizienz-Hamsterrad letztendlich auch nur zu maximalem Frust führt. So wurde das Thema Work-Life-Balance wichtiger. Dem Amerikaner Steven Covey gelang mit seinem heute noch lesenswerten Bestseller „The 7 Habits of Highly Effective People: Powerful Lessons in Personal Change“ (Erschienen 1989, auf Deutsch: „Sieben Wege zur Effektivität“) die Fokussierung auf die Effektivität statt der Effizienz.
Beim Thema Effektivität geht es mehr darum, „dass man die richtigen Dinge tut“ anstatt dass man viele (und möglicherweise unwichtige) Dinge „richtig tut“ (das ist Effizienz). Anstatt perfekt zu funktionieren (und dem Menschenbild der 80er zu entsprechen), ging es ab dann mehr um Sinn und Werte. Für den polychronen Menschen wie mich gab es erstmals Hoffnung, dass ich mit meinem Verständnis von Zeit und von Prioritäten möglicherweise doch nicht so falsch liegen könnte.
Auch der deutsche „Zeitmanagementpapst“ Lothar Seiwert ging mit der Zeit und veröffentlichte mit „Wenn du es eilig hast, gehe langsam“ ein Buch über diese Neuorientierung.

Die 2000er

Die 2000er konzentrierten sich dann auf die Personalisierung der Arbeitsmethoden und auf die Kernfrage: Was will ich wirklich vom Leben? Ich habe damals selbst erkannt: Wenn man diese Kernfrage für sich einmal geklärt hat, wird vieles einfacher.
Die 2000er Jahre waren auch von einer neuen Methode von Zeit- und Selbstmanagement geprägt: Der Amerikaner David Allen brachte mit „Getting Things Done“ eine neue, extrem effektive Methode auf den Markt, die bei ihren Anhängern heute noch Kultstatus genießt. Das Prinzip, am Ende des Tages einen völlig leeren Posteingang zu haben (Inbox Zero) hat sich nicht nur bei mir bewährt. Und die Abkehr von starren Prioritätenlisten tut polychronen Menschen wie mir sowieso gut.
Mit dem Aufkommen der Smartphones wanderte dann auch die Selbstorganisation in die elektronische Welt: Tools wie Todoist, Nozbe oder Wunderlist begannen, den modernen Menschen bei der Selbstorganisation zu helfen.

Und heute?

Agile Methoden wie Kanban und Scrum erobern derzeit das Selbst- und Zeitmanagement. Diese Methoden erlauben Flexibilität in der Planung, unterstützen gemeinsame Abstimmungsprozesse und Teamarbeit. Die beste Planung nützt nämlich nichts in einer Zeit, in der sich die Umwelt schneller ändert, als der Plan geschrieben wird. Und in der ein Ein-Jahres-Plan schon als langfristig gilt. Und in der man viele Leute schnell, flexibel und effizient koordinieren muss. Und gleichzeitig seine Erkenntnisse schnell über alle Kanäle verbreiten muss.
Die Tools der heutigen Zeit heißen deshalb Slack, Clickup oder Trello.
Flexibilität und spontanes Teamwork sind heute wesentlich wichtiger geworden als exakte Planerfüllung. Es ist meine Zeit, eine Zeit, in der die polychronen Typen ihre Vorteile ausspielen können.

Hintergrund

Das ist eine überarbeitete Fassung eines Blogartikels aus dem Jahr 2016.
Hier findest du das Original

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